Finanzielle Neuordnung in Österreich: Insolvenzen bei Unternehmen

Die österreichische Gesetzgebung bietet verschiedene Möglichkeiten für Unternehmen, die in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind. Wenn eine Insolvenz unvermeidbar ist, werden im folgenden Beitrag die gängigsten Verfahren zur Entschuldung für Unternehmen dargestellt.

Restrukturierungsmöglichkeiten für Unternehmen

Schon vor dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit besteht die Möglichkeit für Unternehmer, ein Reorganisationsverfahren durchzuführen:

Reorganisationsverfahren: Voraussetzungen

Das Reorganisationsverfahren wurde im Juli 2021 eingeführt und ermöglicht es Unternehmern in Österreich, die drohende Zahlungsunfähigkeit abzuwenden und die Fortführung ihres Unternehmens zu sichern. Es richtet sich an Unternehmen und Unternehmer, nicht aber an Verbraucher. Dieses Verfahren ergänzt die Bestimmungen des Unternehmensreorganisationsgesetzes (URG).

Eine drohende Insolvenz muss vorliegen, damit das Reorganisationsverfahren möglich ist. Diese wird vermutet, wenn bestimmte Schwellenwerte gemäß URG erreicht sind: eine Eigenmittelquote von unter 8 % und eine fiktive Schuldentilgungsdauer von über 15 Jahren. Überschuldung stellt dabei kein Hindernis dar, aber das Verfahren steht zahlungsunfähigen Schuldnern nicht zur Verfügung. Sollte bereits ein Insolvenzverfahren laufen, kann kein Reorganisationsverfahren mehr eingeleitet werden. Zuständig ist das Landesgericht bzw. in Wien das Handelsgericht. Eine öffentliche Bekanntmachung im Ediktsdatei-Verzeichnis ist nicht erforderlich.

Reorganisationsverfahren: Ablauf

Der Antrag auf ein Reorganisationsverfahren muss umfassende Unterlagen beinhalten, darunter einen Restrukturierungsplan oder ein Konzept, eine Finanzplanung für 90 Tage sowie die letzten Jahresabschlüsse. Der Restrukturierungsplan beschreibt die finanzielle Lage des Unternehmens und die Ursachen der Probleme. Die geplanten Maßnahmen, wie Forderungsstundungen oder -kürzungen, müssen konkret benannt werden. Änderungen an Verträgen sind grundsätzlich nur nach den allgemeinen vertraglichen Vorschriften zulässig. Der Unternehmer behält die Kontrolle über das Unternehmen, wobei das Gericht in bestimmten Fällen einen Restrukturierungsbeauftragten hinzuziehen kann, der die Verhandlungen unterstützt.

Gläubigerbeteiligung

Eine erfolgreiche Umsetzung des Restrukturierungsplans setzt oft finanzielle Unterstützung der Gläubiger voraus, damit das Unternehmen während des Verfahrens handlungsfähig bleibt. Es liegt im Ermessen des Unternehmers, welche Gläubiger in den Plan einbezogen werden; dabei sind jedoch sachliche Kriterien maßgeblich. Neu ist die Einteilung betroffener Gläubiger in Klassen, wobei kleine und mittlere Unternehmen (KMU) dies unter Umständen umgehen können. Auf Antrag kann der Unternehmer Vollstreckungen gegen sein Vermögen für maximal sechs Monate aufschieben, um die Restrukturierungsverhandlungen zu erleichtern. Während der Sperrfrist dürfen die Gläubiger wesentliche, noch laufende Verträge nicht aufgrund der Zahlungsrückstände kündigen oder ändern.

Reorganisationsverfahren: Folgen

Der Restrukturierungsplan wird verbindlich, wenn 75 % der Forderungssumme der einbezogenen Gläubiger jeder Klasse zustimmen. Sollte man keine Einigung in allen Klassen erzielen, kann das Gericht einen klassenübergreifenden „Cram-Down“ beschließen, um den Plan durchzusetzen.

Neugestaltung der Unternehmensfinanzierung (Insolvenz)

Sollte es trotz Reorganisationsbestrebungen – in oder außerhalb des Reorganisationsverfahrens – zum Eintritt der Zahlungsunfähigkeit kommen, kommt meist eines der folgenden Verfahren zum Tragen:

  • Außergerichtlicher Ausgleich
  • Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung
  • Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung
  • Konkursverfahren

Außergerichtlicher Ausgleich

Um ein Schuldenbereinigungsverfahren ohne gerichtliche Beteiligung (ohne Insolvenz) zu erreichen, muss der Schuldner mit jedem Gläubiger einzeln einen Vertrag abschließen, der das bestehende Schuldverhältnis ändert. Dies kann etwa durch eine Ratenzahlungsvereinbarung, eine Stundung oder einen teilweisen Schuldenerlass geschehen. Es ist dringend ratsam, diese Abmachungen schriftlich festzuhalten, da sie für die Schuldenbereinigung von grundlegender Bedeutung sind.

Das Gericht spielt hierbei keine Rolle; das Verfahren wird ausschließlich zwischen dem Schuldner und den Gläubigern abgewickelt. Unterschiedliche Quoten für verschiedene Gläubiger sind dabei zulässig, solange alle Gläubiger einverstanden sind, was eine Grundvoraussetzung darstellt. Der Schuldner unterliegt keinerlei Verfügungsbeschränkungen und behält somit die Kontrolle über sein Vermögen. Sobald der Schuldner die vereinbarte Quote beglichen hat, tritt eine Restschuldbefreiung ein, und der Bürge haftet nur noch in dem Umfang, der nach dem vereinbarten Schuldenerlass übrig bleibt.

Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung

Für Unternehmer, die Insolvenz anmelden möchten, ist das zuständige Gericht das Landesgericht, in Wien das Handelsgericht. Den Insolvenzantrag muss der Unternehmer innerhalb von 60 Tagen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder im Falle einer juristischen Person bei Überschuldung stellen. Der Antrag auf einen Sanierungsplan kann man sogar während eines laufenden Insolvenzverfahrens stellen. Voraussetzung für die Eröffnung des Verfahrens ist das Vorhandensein von kostendeckendem Vermögen oder die Zahlung eines Kostenvorschusses, der je nach zuständigem Gericht bis zu 4.000 EUR betragen kann. Zudem müssen den Gläubigern innerhalb von zwei Jahren eine Quote von mindestens 20 % angeboten werden.

Wenn jedoch kein kostendeckendes Vermögen vorhanden ist oder der Kostenvorschuss nicht gezahlt wird, lehnt das Gericht den Insolvenzantrag ab. In diesem Fall verliert der Unternehmer seine Gewerbeberechtigung, und es folgt eine Löschung der juristischen Person aus dem Firmenbuch. Sollte jedoch kostendeckendes Vermögen vorhanden sein oder ein Kostenvorschuss geleistet werden, erfolgt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Der Insolvenzverwalter übernimmt dann die Verfügungsgewalt über das Vermögen des Unternehmens, während der Schuldner unter Exekutions- und Prozesssperre steht. Das Insolvenzedikt veröffentlicht die Insolvenzdatei, und fordert die Gläubiger auf, ihre Forderungen anzumelden.

Gläubigerversammlung

Im weiteren Verlauf kommt es zur Einberufung der ersten Gläubigerversammlung, in der die Forderungen der Gläubiger geprüft werden. Innerhalb von 90 Tagen nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens findet die Sanierungsplan- und Prüfungstagsatzung statt, in der auch die Fortführung oder Schließung des Unternehmens beschlossen wird. Der Sanierungsplan muss sowohl von einer Mehrheit der anwesenden Gläubiger (Kopfmehrheit) als auch von einer Mehrheit der Gesamtsumme der Forderungen (Kapitalmehrheit) angenommen werden. Wird der Plan angenommen, wird das Insolvenzverfahren aufgehoben, der Schuldner erhält die Kontrolle über sein Unternehmen zurück, und die Restschulden erlöschen. Scheitert der Sanierungsplan jedoch, leitet das Gericht ein Konkursverfahren ein. In dem verwertet man das Unternehmen und die Gläubiger erhalten eine Quote, falls Vermögen vorhanden ist. Wenn man keine Quote auszahlen kann, wird das Insolvenzverfahren wegen mangelnden Vermögens eingestellt. Nach der Aufhebung des Verfahrens bleibt die Restschuld für den Schuldner bestehen, und Exekutionen sind wieder möglich.

Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung

Im Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung gelten grundsätzlich die gleichen Regelungen wie im Sanierungsplanverfahren (Insolvenz), mit einigen Abweichungen. So müssen den Gläubigern mindestens 30 % der Forderungen angeboten werden, die innerhalb von zwei Jahren zu zahlen sind. Zudem sind dem Antrag ein Vermögensverzeichnis, eine vollständige Übersicht über Vermögen und Schulden sowie ein Finanzplan beizufügen.

Der Schuldner bleibt grundsätzlich befugt, sein Unternehmen eigenständig fortzuführen, benötigt jedoch für bestimmte Tätigkeiten die Zustimmung des Insolvenzverwalters. Manche Tätigkeiten bleiben dem Insolvenzverwalter vorbehalten. Unter bestimmten Bedingungen kann das Gericht dem Schuldner die Eigenverwaltung entziehen. Die erste Gläubigerversammlung oder Berichtstagsatzung findet in der Regel innerhalb von drei Wochen nach Eröffnung des Verfahrens statt.

Nach Zustimmung der Gläubiger wird der Sanierungsplan vom Gericht bestätigt. Mit Erfüllung des Plans erlöschen die Restschulden, während Bürgen und Mitschuldner weiterhin in voller Höhe haften, jedoch ein Rückgriffsrecht gegen den Schuldner nur im Ausmaß der Quote haben. Nach vollständiger Erfüllung des Plans erhält der Schuldner die volle Verfügungsbefugnis über sein Unternehmen zurück. Bei Verzug mit der Zahlung der Quote kann es nach qualifizierter Mahnung zu einem teilweisen Wiederaufleben der Forderung kommen.

Konkursverfahren

Sollte kein kostendeckendes Vermögen vorhanden sein oder kein Kostenvorschuss erbracht werden, wird der Antrag mangels finanzieller Mittel abgewiesen. In diesem Fall kann auch die Gewerbeberechtigung des Schuldners entzogen werden, was einen Gewerbeausschluss für drei Jahre zur Folge hat. Bei juristischen Personen wird zudem deren Löschung aus dem Firmenbuch veranlasst.

Ist jedoch kostendeckendes Vermögen vorhanden oder wird ein Kostenvorschuss geleistet, wird das Insolvenzverfahren eröffnet, sofern alle anderen Voraussetzungen erfüllt sind. In diesem Fall geht die Verfügungsgewalt über das Vermögen des Unternehmens an den Insolvenzverwalter über, und es tritt eine Exekutions- und Prozesssperre ein. Das Insolvenzedikt wird in der Insolvenzdatei veröffentlicht, und die Gläubiger werden zur Anmeldung ihrer Forderungen aufgefordert. Während des Verfahrens kann der Schuldner einen Antrag auf Abschluss eines Sanierungsplans stellen. Bei Bedarf wird die erste Gläubigerversammlung einberufen, und ein Gläubigerausschuss wird bestellt. In dieser Versammlung wird die Glaubhaftmachung der Forderungen der Gläubiger vorgenommen.

Innerhalb von 90 Tagen nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens findet die Berichts- und Prüfungstagsatzung statt, bei der das Anmeldungsverzeichnis erstellt wird und Erklärungen des Masseverwalters sowie des Schuldners zu den Forderungen abgegeben werden. Das Gericht entscheidet, ob das Unternehmen fortgeführt oder geschlossen wird. Nach der Prüfung und Verteilung der Insolvenzmasse an die Gläubiger wird das Insolvenzverfahren durch Gerichtsbeschluss aufgehoben. Sollte keine Quote an die Gläubiger ausgezahlt werden können, erfolgt die Aufhebung des Verfahrens aufgrund fehlenden Vermögens. Nach der Aufhebung ist der Schuldner wieder frei über sein Vermögen verfügungsberechtigt, jedoch bleibt die Restschuld für 30 Jahre bestehen. Exekutionen auf noch ausstehende Forderungen sind dann wieder möglich.

Empfehlungen

Eine zügige Antragstellung bei einer Insolvenz ist entscheidend, um strafrechtliche Konsequenzen zu vermeiden. Unternehmen müssen bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung schnell handeln. Eine Insolvenzverschleppung ist strafbar und kann erhebliche Haftungsrisiken mit sich bringen.

Um Probleme zu vermeiden, sollten Unternehmer frühzeitig rechtlichen Rat einholen. So lässt sich der bestmögliche Ausgang für das Unternehmen sichern. Vermeiden Sie Verzögerungen und stellen Sie den Antrag, sobald die finanziellen Schwierigkeiten deutlich werden. Ein rechtzeitig eingeleitetes Verfahren schützt vor rechtlichen und finanziellen Nachteilen.

Informationen über die Möglichkeiten der Entschuldung bei Privatpersonen lesen Sie hier.