Das Bergsportrecht in Österreich umfasst als eine Kategorie des Sportrechts eine Vielzahl von Gesetzen und Regelungen, die für Bergsportler, Bergführer und Anbieter von Bergsportaktivitäten relevant sind. Dieser Beitrag bietet einen Überblick über die wichtigsten rechtlichen Aspekte in diesem breiten Themengebiet.
Übersicht
In diesem Bereich gibt es keine einzelne zentrale Norm. Ein „Bergsportgesetz“ existiert in dieser Form nicht. Da es sich somit um eine Querschnittsmaterie handelt, können auch gar nicht abschließend alle potentiell relevanten Gesetze aufgelistet werden.
Weiters ist darauf hinzuweisen, dass unter den Begriff des Bergsportrechts sowohl Sommer- als auch Wintersport fallen, was das Themengebiet noch breiter macht.
Außer Schischul- und Bergführergesetzen gibt es keine speziellen
Normen!
- Bergsportführergesetze (Landessache, daher in jedem Bundesland eigens geregelt. Bspw Tiroler Bergsportführergesetz)
- Schischulgesetze (Landessache, daher in jedem Bundesland eigens geregelt. Bspw Tiroler Schischulgesetz 1995)
Diese Spezialnormen regeln nur ausgewählte Teilbereiche bzw stellen nur Voraussetzungen für die Berufsausübung auf. Für Bergsportler sind diese Normen daher meist nicht aufschlussreich. In den allermeisten Fällen wird es somit zur Anwendung allgemeiner Regelungen kommen:
- Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch (ABGB)
- Konsumentenschutzgesetz (KSchG)
- Forstgesetz 1975
Haftung im Bergsport
Die meisten rechtlichen Problemstellungen im Bereich des Bergsportrechts in Österreich ergeben sich im Bereich der Haftung nach Unfällen. Die Haftung im Bergsport basiert auf dem allgemeinen Schadenersatzrecht. Zentrale Punkte sind:
- Verschuldenshaftung: Eine Haftung tritt nur bei Verschulden ein.
- Eigenverantwortung: Jeder Bergsportler trägt ein gewisses Eigenrisiko.
- Sorgfaltspflichten: Bergführer und Veranstalter müssen besondere Sorgfalt walten lassen.
Das Schadenersatzrecht in Österreich geht vom Grundsatz aus, dass prinzipiell jeder seinen Schaden selbst trägt (siehe dazu auch unter dem Bereich Schadenersatz in Österreich). Soll der Schaden von einer anderen Person ersetzt werden, so müssen dafür besondere Gründe vorliegen. Das Schadenersatzrecht regelt, unter welchen Voraussetzungen jemand von einer anderen Person Ausgleich (Schadenersatz) für eine Schädigung verlangen kann. Gemäß § 1311 ABGB müssen diese Voraussetzungen erfüllt sein müssen, wenn man den eingetretenen Schaden von jemand anderen ersetzt haben möchte.
Voraussetzung eines jeden Schadenersatzanspruches nach einem Bergsportunfall ist ein vorhandener Schaden, eine rechtswidrige Handlung sowie auch ein Verschulden.
Die Klage bei einem Sportunfall in Österreich ist gegen den jeweiligen Verursacher einzubringen und ist zumeist auf einen bestimmten Geldbetrag formuliert. Auch die Feststellung der Haftung für zukünftige Schäden wird in der Regel eingeklagt.
In Bezug auf die Geltendmachung und Durchsetzung der Schadenersatzansprüche im Bereich des Bergsportrechts in Österreich geht es vor allem um Ansprüche bezüglich Schmerzensgeld, Heilungskosten, Verunstaltungsentschädigung, Haushaltshilfe, Pflegekosten und Verdienstentgang.
Eigenverantwortung
In der Judikatur der österreichischen Höchstgerichte hat die Eigenverantwortung im Bergsportrecht in Österreich allerdings einen sehr hohen Stellenwert. Es gilt § 1311 ABGB, wonach der bloße Zufall denjenigen trifft, in dessen Vermögen oder Person sich der Schaden ereignet. Zuerst müsse man die Ursache des
Schadens bei sich selber suchen.
Obwohl grundsätzlich jeder das alpine Restrisiko selbst tragen muss, entstehen rechtliche Probleme, wenn Personen sich zusammenschließen und dadurch ihre Eigenverantwortung aufgeben und an andere übertragen.
Abgesehen von professionellen Bergführern trifft auch „Führern aus Gefälligkeit“ eine erhöhte Haftungspflicht!
Ein Führer aus Gefälligkeit kann ein solcher auch durch faktische Übernahme der Gruppe sein. In seinem Tun wird er an vergleichbaren Alpinisten und deren Verhalten gemessen. Dennoch kann nicht allein deshalb der Geübtere oder Erfahrenere Bergsportler zur Haftung für einen Unfall herangezogen werden. Viel eher haftet der Erfahrenere für andere Gruppenmitglieder nur dann, wenn er Gefahren verschweigt, verniedlicht oder bestreitet, oder ihm ein Fehler unterläuft, der für einen erfahrenen Alpinisten vermeidbar gewesen wäre (Vgl dazu 1 Ob 293/98i).
Haftung im Winter
Im Winter können Pistenbetreiber Haftungspflichten treffen. Das ist der Fall, wenn etwa Gefahrenbereiche auf Skipisten nicht oder nicht rechtzeitig abgesichert werden.
Die Haftung von Pistenbetreibern beschränkt sich auf atypische Gefahren.
Während die genannten Ansprüche allesamt zivilrechtliche Schadenersatzansprüche darstellen, kann im schlimmsten Fall auch das Strafrecht greifen: Hier ist auf die (zulässige) Selbstgefährdung zu verweisen. Wird allerdings eine Selbstgefährdung des Opfers gefördert oder gar veranlasst, ist ein solches Verhalten auch strafrechtlich relevant. Weiters drohen strafrechtliche Konsequenzen bei (grober) Fahrlässigkeit am Berg, die eine Verletzung oder gar den Tod einer anderen Person zur Folge haben.
Wegefreiheit und Grundeigentümerrechte
Das Recht auf freies Betreten des Waldes und der Berge ist gesetzlich verankert. So erlaubt etwa §33 Forstgesetz 1975 jedem, den Wald zu Erholungszwecken zu betreten.
Diese Freiheit unterliegt aber Einschränkungen: So ist von diesem Betretungsrecht das Fahren auf Forststraßen mit Mountainbikes nicht umfasst. Weiters verboten sind:
- Lagern bei Dunkelheit;
- Zelten;
- Befahren;
- Reiten.
Außerdem dürfen gewisse Bereiche nicht betreten werden, wie etwa forstliche Sperrzonen, Flächen mit Betretungsverboten oder bspw Wiederbewaldungsflächen.
Betretungsrechte im Gebirge sind in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich geregelt. In der Steiermark gilt dafür das Gesetz zur Wegefreiheit im Bergland. Dieses bestimmt, dass Ödland oberhalb der Baumgrenze – mit Ausnahme der anders als durch Weide landwirtschaftlich genutzten Gebiete (Almen) – für den Touristenverkehr frei ist und von allen betreten werden darf.
Bergführer- und Schischulgesetze
Wie bereits erwähnt sind im Bergsportrecht in Österreich nur diese Bereiche mit eigenen Gesetzen geregelt. Jedes Bundesland hat eigene Bergführer- und Schischulgesetze, in denen hauptsächlich berufsrechtliche Aspekte geregelt sind, wie etwa:
- Ausbildungsvorschriften;
- Berechtigungsumfang;
- Fortbildungspflichten;
- Versicherungspflicht.
Pistenregeln und FIS-Verhaltensregeln
Eine rechtliche Besonderheit stellen Pistenregeln und die sogenannten FIS-Regeln dar.
Die FIS-Regeln sind:
- Rücksicht auf die anderen.
Jeder Skifahrer muss sich stets so verhalten, dass er keinen anderen gefährdet oder schädigt. - Beherrschung der Geschwindigkeit und der Fahrweise.
Jeder Skifahrer muss auf Sicht fahren. Er muss seine Geschwindigkeit und seine Fahrweise seinem
Können und den Gelände-, Schnee- und Witterungsverhältnissen sowie der Verkehrsdichte anpassen. - Wahl der Fahrspur.
Der von hinten kommende Skifahrer muss seine Fahrspur so wählen, dass er vor ihm fahrende Skifahrer nicht gefährdet. - Überholen.
Überholt werden darf von oben oder unten, von rechts oder links, aber immer nur mit einem Abstand, der dem überholten Skifahrer für alle seine Bewegungen genügend Raum lässt. - Einfahren, Anfahren und hangaufwärts Fahren.
Jeder Skifahrer, der in eine Abfahrt einfährt, nach einem Halt wieder anfährt oder hangaufwärts schwingen oder fahren will, muss sich nach oben und unten vergewissern, dass er dies ohne Gefahr für sich und andere tun kann. - Anhalten.
Jeder Skifahrer muss es vermeiden, sich ohne Not an engen oder unübersichtlichen Stellen einer Abfahrt aufzuhalten. Ein gestürzter Skifahrer muss eine solche Stelle so schnell wie möglich freimachen. - Aufstieg und Abfahrt.
Ein Skifahrer, der aufsteigt oder zu Fuß absteigt, muss den Rand der Abfahrtsstrecke benutzen. - Beachten der Zeichen.
Jeder Skifahrer muss die Markierungen und die Signale beachten. - Verhalten bei Unfällen.
Bei Unfällen ist jeder zur Hilfeleistung verpflichtet. - Ausweispflicht.
Jeder Skifahrer, ob Zeuge oder Beteiligter, ob verantwortlich oder nicht, muss im Falle eines Unfalles seine Personalien angeben.
Diese Regeln sind formal nicht rechtlich bindend, da sie nicht in Gesetzesform oder ähnlichem beschlossen wurden. Sie werden allerdings in der Beurteilung der Frage des Verschuldens bei Skiunfällen herangezogen. Daher haben Pisten- und FIS-Regeln in der Praxis im Bergsportrecht in Österreich eine elementare Bedeutung, obwohl sie rechtlich (eigentlich) nicht bindend sind.
Fazit
Das Bergsportrecht in Österreich ist komplex und umfasst verschiedene Rechtsgebiete. Bergsportler, Bergführer und Veranstalter sollten sich der rechtlichen Rahmenbedingungen bewusst sein, um Risiken zu minimieren und im Ernstfall richtig zu handeln. Eine gute Vorbereitung, das Einhalten von Sicherheitsstandards und eine angemessene Versicherung sind entscheidend für eine sichere und rechtlich abgesicherte Ausübung des Bergsports.