Gewährleistung im Mittelpunkt: Aktuelle Urteile und praktische Tipps

Das Gewährleistungsrecht ist ein zentraler Bestandteil des Verbraucherschutzes und unterliegt ständiger Weiterentwicklung durch Gesetzgebung und Rechtsprechung. Dieser Artikel beleuchtet aktuelle Entscheidungen und wichtige Aspekte der Gewährleistung, insbesondere im Hinblick auf Baumängel und Gebrauchtwagenkäufe.

Neuerungen im Gewährleistungsrecht

Seit dem 1. Januar 2022 gilt in Österreich das neue Verbrauchergewährleistungsgesetz (VGG), dass die EU-Warenkaufrichtlinie umsetzt. Es bringt wesentliche Änderungen für Verbraucher und Unternehmer:

  • Verlängerung der Vermutungsfrist für das Vorliegen eines Mangels bei Übergabe von 6 Monaten auf 1 Jahr
  • Neue Regelungen für digitale Leistungen und Waren mit digitalen Elementen
  • Klarstellung der Hierarchie der Gewährleistungsbehelfe

Aktuelle OGH-Entscheidung zum Gebrauchtwagenkauf

In einer wegweisenden Entscheidung hat der Oberste Gerichtshof (OGH) die Rechte von Verbrauchern beim Gebrauchtwagenkauf gestärkt. Im Fall 8 Ob 126/22y vom 22.02.2023 ging es um den Kauf eines Gebrauchtwagens zwischen Privatpersonen

Der OGH stellte klar:

  1. Auch bei Privatverkäufen kann eine Zusicherung von Eigenschaften vorliegen, wenn der Verkäufer besondere Kenntnisse über das Fahrzeug hat.
  2. Die Formulierung „Bastlerfahrzeug“ allein schließt Gewährleistungsansprüche nicht aus.
  3. Ein Gewährleistungsausschluss muss im Einzelnen ausgehandelt werden.

Gewährleistung bei Baumängeln

Im Baurecht spielt die Gewährleistung eine besonders wichtige Rolle. Aktuelle Entscheidungen des OGH haben hier für mehr Klarheit gesorgt:

  • OGH 21.12.2021, 4 Ob 188/21y: Bei der Beurteilung von Baumängeln ist auf den Zeitpunkt der Übergabe abzustellen. Spätere Normänderungen sind nicht relevant.
  • OGH 25.05.2022, 3 Ob 41/22y: Die Verjährungsfrist für Gewährleistungsansprüche bei unbeweglichen Sachen beträgt 3 Jahre ab Übergabe.

Besonders zu beachten ist, dass bei versteckten Mängeln die Gewährleistungsfrist erst mit deren Erkennbarkeit zu laufen beginnt.

Durchsetzung von Gewährleistungsansprüchen

Um Gewährleistungsansprüche erfolgreich durchzusetzen, sollten Verbraucher folgende Punkte beachten:

  1. Dokumentation: Mängel sollten umgehend und detailliert dokumentiert werden, idealerweise mit Fotos oder Videos.
  2. Fristwahrung: Die gesetzlichen Fristen müssen eingehalten werden. Bei beweglichen Sachen beträgt die Gewährleistungsfrist 2 Jahre, bei unbeweglichen 3 Jahre.
  3. Schriftliche Mängelrüge: Der Mangel sollte dem Verkäufer schriftlich mitgeteilt werden, am besten per Einschreiben.
  4. Beweissicherung: In den ersten 12 Monaten nach Kauf wird vermutet, dass der Mangel bereits bei Übergabe vorlag. Danach muss der Käufer dies beweisen.
  5. Hierarchie der Gewährleistungsbehelfe: Zunächst besteht ein Recht auf Verbesserung oder Austausch. Erst wenn dies unmöglich oder für den Unternehmer mit unverhältnismäßigem Aufwand verbunden ist, kann eine Preisminderung oder Vertragsauflösung verlangt werden.

Unterschied zwischen Garantie und Gewährleistung

Oft werden die Begriffe Garantie und Gewährleistung verwechselt. Es ist wichtig, den Unterschied zu kennen: Gewährleistung:

  • Gesetzlich vorgeschrieben
  • Gilt für 2 Jahre (bewegliche Sachen) bzw. 3 Jahre (unbewegliche Sachen)
  • Kann nicht ausgeschlossen werden (bei Verbrauchergeschäften)
  • Bezieht sich auf Mängel, die bei Übergabe bereits vorhanden waren

Garantie:

  • Freiwillige Zusage des Herstellers oder Verkäufers
  • Dauer und Umfang können frei festgelegt werden
  • Kann zusätzliche Leistungen umfassen (z.B. Vor-Ort-Service)
  • Bezieht sich oft auch auf Mängel, die nach der Übergabe entstehen